Über das Getrennt- und Verbunden-Sein
Wir befinden uns nun im Jahr 2020 – zwei Zweier und zwei Nuller – eine gute Gelegenheit, um darüber nachzudenken, wie sehr wir alle von dualistischem Denken durchdrungen sind: Ich und die Welt, meins und deins, Körper und Geist, aktiv und passiv und so weiter… Das fühlt sich erst mal gewohnt an und daher sicher. Wir alle mögen vertraute Strukturen und Gewohnheiten; all das, was uns bis hierher mehr oder weniger gut durch das Leben gebracht hat. Und jetzt haben wir also 2020. Da sind neben den Zweien ja auch zwei Kreise, die Nullen. Warum nicht dieses Gedankenspiel als eine Anregung nehmen, ab und zu aus dem Automatismus der dualistischen Wahrnehmung auszusteigen und sich auf das Abenteuer des Verbunden-Seins einzulassen? Es könnte ja sein, dass es sich damit viel freudvoller leben ließe. Bei den Native Americans gibt es die Vorstellung, dass man mit jedem Urteil den eigenen Lebenskreis verkleinert und ihn vergrößert, je mehr man aus dem Urteilen herauskommt. In diesem Bild des Lebenskreises ist in der Mitte das große Unbekannte. Bei Ritualen bittet man darum, dass man einen Blick in diese Mitte, in das Mysterium des Lebens werfen kann; was nichts anderes bedeutet als für einen Moment frei zu sein von allen Vorstellungen, Prägungen, Schmerzen, Ängsten, Urteilen, Geschichten, Erfahrungen, Befürchtungen, und sich in Größe und Verbundenheit zu erleben. Vielleicht ist die eigene Wahrnehmung als von der Welt abgetrenntes Wesen ja tatsächlich eine Illusion, wie der Buddhismus lehrt. 2020 kann eine Einladung sein, mutig die eigenen Grenzen zu sprengen, den Geist mit seinen Vorstellungen ruhig werden zu lassen und das Herz für die Verbundenheit zu öffnen. Happy New Year! Foto: Annette Marquard-Mois